Ausschreibung: Forschungsteam für den Aufarbeitungsprozess von Machtmissbrauch in der DPSG
Forschungsprojekt:
Machtmissbrauch in der DPSG zwischen 1929 und 2022 mit den Schwerpunkten auf sexualisierter und spiritualisierter Gewalt
Auftraggeber
Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg
Finanzrahmen
400.000 €
Projektlaufzeit
2023 bis 2025
Projektziele
- Analyse Machtmissbrauch (insb. sexualisierte und spiritualisierte Gewalt) begünstigender Strukturen und Kulturen (z.B. Hierarchien, Rituale, Traditionen, pädagogische Konzepte, unangemessener Umgang u.a.) im zeitlichen Verlauf.
- Dokumentation, Analyse und Auswertung von Erfahrenenberichten [1] im Hinblick auf strukturelle Gemeinsamkeiten, persönliche Auswirkungen und verschiedene Bewältigungsansätze.
- Diskussion von Implikationen für die DPSG.
Kurzbeschreibung des methodischen Vorgehens
Es wird eine quantitative und qualitative Datenerfassung gewünscht. Auf dieser Grundlage werden sowohl quantitative als auch qualitative und soweit möglich methodenkombinierende Analysen angestrebt.
Mögliche Datenquellen
Personen
- Ehemalige Mitglieder und Menschen auf Stammes- und Bezirksebene und aus deren Umfeld (z.B. per Fragebogen)
- Erfahrene (z.B. durch offene Interviews [qualitative Erhebung], schriftliche Erfahrungsberichte)
Dokumente
- DPSG-Bundesstelle und -archiv:
- systematisch: Dokumentation von Ausschlussverfahren ab 2004 Nachweise über Existenz von Untergliederungen, inhaltliche Ausrichtung und pädagogische Grundlagen/Arbeitshilfen des Bundesverbandes, Mitgliederverzeichnis ab 2004, Personalunterlagen der Mitarbeitenden der DPSG-Bundesebene und Sitzungsprotokolle der verbandlichen Gremien, u.a.
- unsystematisch: Dokumentation von Ausschlussverfahren bis 2004, Dokumentation von Veranstaltungen auf Bundesebene, u.a.
- Weitere – aber unbekannte und sehr unterschiedliche – Datenquellen in den 14 DPSG-Diözesanarchiven und –stellen, sowie einzelnen DPSG-Bezirken.
Dokumente in Bistumsarchiven und -präventionsstellen sowie bei den Dachverbänden, die Fälle aus dem DPSG-Kontext betreffen.
Projektablauf
Aktuelle Herausforderungen und Hindernisse im Rahmen des Forschungsprojekts können während der Projektlaufzeit quartalsweise bei den Aufarbeitungsbeiratstreffen beraten werden.
In den Aufarbeitungsbeiratstreffen gibt das Forschungsteam halbjährlich eine Berichterstattung über den Zwischenstand des Projekts.
- Die Arbeit des Forschungsteams endet mit der Abgabe eines schriftlichen Forschungsberichts und dessen öffentlicher Präsentation.
Fester Bestandteil des Projekts ist der direkte Kontakt (insb. Im Rahmen potentieller Interviews und die mögliche Vorstellung des Forschungsprojekts beim Erfahrenenforum [2]) mit Personen, die Machtmissbrauch im Bereich der Verbandsarbeit der DPSG erfahren mussten.
Forschungsteam
Das beauftragte Forschungsteam muss in der Lage sein, das komplexe und emotional anspruchsvolle Forschungsprojekt kompetent, unabhängig und respektvoll zu leiten.
Neben den Anforderungen, die sich aus der Zielsetzung des Forschungsprojekts ergeben, sieht der Aufarbeitungsbeirat folgende Rahmenbedingungen als Voraussetzung für das Forschungsteam an:
- Die Mitglieder des Forschungsteams selbst besitzen keine DPSG-Vergangenheit, um Interessenskonflikte zu vermeiden, und können daher unbelastet und unabhängig an dieses Forschungsprojekt herangehen.
- Durch die Anbindung der DPSG an die katholische Kirche können Verstrickungen bestehen, die die Analyse beeinträchtigen können. Daher sind kirchliche Träger und Einrichtungen für dieses Forschungsprojekt ungeeignet.
- Um verschiedenen geschlechtlichen Identitäten unterschiedliche Anlaufmöglichkeiten im Forschungsteam zu gewährleisten, hält der Aufarbeitungsbeirat ein gemischtgeschlechtliches Forschungsteam für wünschenswert.
- Für die Anbindung an den Aufarbeitungsbeirat wird eine feste Ansprechperson im Forschungsteam gewünscht.
Inhalt
Das Forschungskonzept sollte folgenden Inhalt haben:
- Erläutern Sie uns ihren Ansatz, wie die Projektziele erreicht werden sollen. Dies umfasst auch eine erste Darstellung der
- theoretisch-empirischen Verortung (insb. im Hinblick auf Machtmissbrauch mit den Schwerpunkten sexualisierte und spiritualisierte Gewalt)
- die Überführung der Projektziele in bearbeitbare Forschungsfragen
- die Konzeption des Forschungsdesigns und Überlegungen zum geplanten methodischen Vorgehen zur Erreichung der Projektziele.
- Stellen Sie den zeitlichen Ablauf des Forschungsprojekts über die gesamte Projektlaufzeit dar.
- Beschreiben Sie die besonderen Herausforderungen, die das Forschungsprojekt aus Ihrer Sicht mit sich bringt.
- Skizzieren Sie die geplante Zusammensetzung des Forschungsteams mit ihren spezifischen Fähigkeiten zur Erreichung der Projektziele sowie eventuell beteiligter Verbundpartner.
- Nehmen Sie in dem Forschungskonzept Stellung zum Umgang mit möglichen forschungsethischen Problemen und berücksichtigen Sie dabei besonders die Anforderungen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, sowie Menschen, die Machtmissbrauch erfahren mussten.
- Die Regelungen des weltlichen und des kirchlichen Datenschutz-sowie Archivrechts sind zu beachten. Die entsprechenden Dokumente werden zur Verfügung gestellt. Nehmen Sie im Forschungskonzept Stellung zum Umgang mit möglichen datenschutzrechtlichen Problemen.
- Listen Sie die voraussichtlich anfallenden Kosten für Personal, wissenschaftliche Geräte, Verbrauchsmaterialien, Reisen und sonstige Bedarfsmittel auf. Benennen Sie die Stelle, die die Projektmittel verwaltet.
- Es wird erwartet, dass das Forschungsteam bei der Planung und Durchführung des Projekts den “Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis” (DFG, 2022) der Deutschen Forschungsgemeinschaft folgt. Bitte geben Sie mit der Einreichung des Forschungskonzepts die folgende Erklärung ab: „Ich verpflichte mich bereits mit der Einreichung des Forschungskonzepts die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis einzuhalten.“
Bewerbungsfrist und -adresse
Bewerbungen sind bitte bis zum 15.01.2023 in Form eines Forschungskonzeptes digital unter Aufarbeitungdpsg.de (Aufarbeitung[at]dpsg[dot]de) einzureichen.
Der Aufarbeitungsbeirat, der für die Projektvergabe zuständig ist, wird voraussichtlich im ersten Quartal 2023 zusammenkommen, um über die eingegangenen Forschungskonzepte zu entscheiden.
[1] Ende 2021 haben sich Betroffene gemeinsam dafür ausgesprochen, zukünftig Erfahrene genannt zu werden. Dieser Begriff wird von ihnen positiver wahrgenommen, da er die Ressourcen der Personen betont und sie aus der Opferrolle herausholt. Die Kraft und Stärke der Erfahrenen soll im Mittelpunkt stehen.
[2] Die Begrifflichkeit Erfahrenenforum wurde ebenfalls von Betroffenen gewählt. Diese Foren dienen dem Austausch und der Vernetzung von Betroffen und ggf. auch zum Austausch mit der DPSG. Die Erfahrenenforen werden von einer externen Referentin geleitet.